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    Alternative Treibstoffe aus Plastikabfällen

    Die Welt droht in Plastikabfällen zu versinken. Dass man daraus wertvolle Treibstoffe herstellen kann, ist vielen nicht bekannt. Ein Besuch bei einem innovativen Unternehmen im Kanton Jura zeigt, wie es funktioniert.

    Alternative Treibstoffe ist ein weiter Begriff. Dazu können solche aus biogenen Quellen oder die mit Hilfe grosser Strommengen aus Wasser- und Kohlenstoffen synthetisierten Synfuels gezählt werden. Weniger bekannt ist, dass auch Plastik in Treibstoffe umgewandelt werden kann. Wenn diese auch nicht im engeren Sinn als erneuerbar gelten, bieten sie doch einen interessanten Ansatz, um die fossilen Primärenergiequellen zu schonen und Stoffkreisläufe zu schliessen.

    HVO2 edited

    Eindrücklich demonstriert dies die Firma HVO S.A. im jurassischen Bure. Der Unternehmer Claude Etique und der Ingenieur Samuel Moussa haben hier ein innovatives thermolytisches Verfahren entwickelt, mit dem schwer rezyklierbarer Plastik unter Ausschluss von Sauerstoff zersetzt wird. Aus den langkettigen Kohlenstoffpolymeren im Plastik entstehen durch die als Pyrolyse bezeichnete Behandlung kürzere Moleküle, die als Drop-in Fuels zum Beispiel dem Diesel oder Benzin beigemischt werden können. Die Erfinder und Betreiber der Anlage verstehen ihr Verfahren als Teil eines Kreislaufes: Denn bei der Raffination von Erdöl entstehen Fraktionen, die nicht als Treibstoffe geeignet sind und zum Beispiel eine erste Verwendung als Plastik finden. Nach dessen Gebrauch wird dieser, statt als Abfall zu enden, mit dem Verfahren verwertet, um als Treibstoff einem zweiten Verwendungszweck zugeführt zu werden.

     

    HVO SA Edukt

    Das Ausgangsmaterial: Plastikabfall aller Art.

     

    Viele Plastikabfälle mit grossem Potenzial
    Die neueste Anlage der HVO S.A. ist in der Lage, pro Stunde im kontinuierlichen Verfahren aus 600 Kilogramm Plastik 600 Liter Treib- oder Brennstoff herzustellen. Die Maschine kann mit allen möglichen Plastikabfällen des Alltags «gefüttert» werden, soweit sie aus Polyethylen oder Polypropylen bestehen. Theoretisch kann diese derzeit grösste Anlage in einem Jahr im Nonstop-Betrieb beinahe 5 Millionen Liter Treibstoffe produzieren, was in der Grössenordnung eines Tausendstels des jährlichen Diesel- und Benzinverbrauchs in der Schweiz liegt. Allerdings wären dazu auch beinahe 5’000 Tonnen Plastikabfälle als Ausgangsmaterial notwendig. Laut dem Bundesamt für Umwelt BAFU entstehen jährlich rund 780 000 Tonnen Kunststoffabfälle, davon werden über 80% (rund 650 000 Tonnen) in Kehrichtverbrennungsanlagen und gut 6% in Zementwerken energetisch verwertet. Rund 80 000 Tonnen werden rezykliert (die Daten stammen aus dem Jahr 2010). Das Potenzial für die Umwandlung von Plastikabfällen in wertvolle Treibstoffe mittels der Pyrolyse ist also gross. Zudem bietet HVO S.A. auch kleinere Anlagen an, die pro Stunde 50 bis 100 Kilogramm Plastik verarbeiten. Die Installationen sind in Containern montiert und können unkompliziert an Orten auf der ganzen Welt aufgebaut und betrieben werden. Die Steuerung der Anlagen erfolgt zentral über das Internet.

     

    HVO SA Produkt

    Das Produkt: verschiedene chemisch definierte Fraktionen, die als Treibstoffe eingesetzt werden können.
    Die Bilder entstanden anlässlich eines Besuchstages bei HVO S.A. im August 2023.

     

    Mangelnde Förderung
    Wie jedes erfolgsversprechende Projekt im Bereich der alternativen Energien hat auch dieses seine Kehrseite: Noch ist die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens nicht mit jener der fossilen Treibstoffe vergleichbar. Gemäss den mit der Materie vertrauten Experten ist dies vorab dem Umstand geschuldet, dass die pyrolytisch hergestellten Treibstoffe der Mineralölsteuer unterliegen. Die Gesetzgebung sieht für solche alternativen Treibstoffe keine Steuererleichterung vor, wie dies bei jenen aus biologischen Abfall- und Reststoffen der Fall ist. So müssen sich die Produkte von HVO S.A. vorerst mit einem Nischendasein begnügen. Die Politik ist angesichts des raschen technologischen Wandels gefordert, eine offene Förderpolitik zu schaffen. Nur so können Innovationen zur Reduktion der fossilen Energieträger in die Praxis überführt werden.

     

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